Montag, 25. Mai 2009

Vladimir - Wo ist Mia?


Seit dem diagonalen Essen mit meiner Mutter ist der Sommer in Bern eingetroffen. Wobei dieser Temperaturumschwung nicht in der Verantwortung meiner Mutter liegt. Aber die Mia, die tanzende Mia.

”I am Mia. I am here to fill our little silence with dancing“

Sie könnte die Heissmacherin sein. Mit ihr wäre alles anders, sogar die Farben, da bin ich mir sicher. Anders als die Anderen ist sie anders. Keine Egowärmerin, davon gab es genug. Sein Ego mit einer Beziehung aufzupäppeln, stellt sich nämlich regelmässig als fataler Fehler mit ordentlichen Spätfolgen heraus. Egal. Ich bin durch die Stadt gelatscht, gevelofahrt. Mia, mit der weissen Dahlie, ist unauffindbar. Vom Ostring bis in die Felsenau, vom Fischermätteli bis ins Wankdorf. Nirgendwo ist die Frau. Morgen werde ich meinen Suchperimeter auf die ländlichen Gegenden, Spiegel, Hasle-Rüegsau, Gäbelbach und so ausweiten. Aber dazu brauche ich neue Schuhe. Und genau darum geht es eben: „Wo ist mein zweiter Schuh.“ Nun, da ich ahne, dass das Leben keine Generalprobe ist, bereite ich mich mit günstigem bolivianischem Wein auf die Sucherei vor. Inzwischen ist mir einigermassen trümmlig. Aber dies alles ist mir längst egal und stört mich auch nicht mehr, denn auf leisen Sohlen folgt mir seit Wochen ein Schildkrötenbär, ein flauschiger Schildkrötenbär.

Dienstag, 12. Mai 2009

Mia - Ich bin nicht Batman.


Jeder Regenschirm, insbesondere die Spezies des roten Regenschirms, stirbt einmal. Meiner tut dies vor dem Diagonal, auf dem Veloparkplatz. Zuerst ärgere ich mich, aber dann duscht mich der Himmel und der Ärger verfliegt oder besser, fliesst ab, in das Patent Ochsner-Senkloch. Um meine Pura Lòpez-Treterinnen zu schonen, ziehe ich mich unter den Knien vollständig aus. Erst da sehe ich eine blutende Zehe, meine Zehe, mein Blut. Tami. Improvisierend desinfiziere ich die Wunde in einer Regenpfütze. Plötzlich steht er vor mir. Er ist anders, der Mann. Ein Blume, eine weisse Dahlie, drückt er in meine Hand. Mir kommen vor lauter Regen, Blut und einem längeren Glas Prosecco der kürzesten Vergangenheit keine adäquaten Worte oder Handlungen in den Sinn. Also stelle ich mich vor, auf Englisch und fülle die kleine Stille mit einem Tänzchen. Da taucht eine ältere, beinahe aristokratisch, sicherlich bernburgerische Frau auf und schnappt sich den passabel-schönen Blumenschenker. Ich stehe wieder alleine da. So, also alleine spaziere ich, immer noch barfuss, Richtung Bundesplatz. Vor dem Fédéral frage ich mich, ob ich nun alles erlebt habe, ob die zukünftigen Erinnerungen aufgebraucht sind. Ganz grundsätzlich. Aber auch egal, ich bin ja mit dem Velo da. Das rote Velo (immer noch Typ “Sieger“) wartet geduldig auf mich. Ich schwinge mich darauf und düse los, über die Kornhausbrücke zurück in den Breitsch. Dabei vergesse ich aber nicht: “Ich bin nicht Batman.“

Samstag, 9. Mai 2009

Vladimir - Die weisse Blume.


Sie ist anders, die Frau. Sie steht vor dem Diagonal, beim Veloparkplatz. Es regnet und sie wehrt sich mit einem roten Regenschirm. "Bunte Regenschirme sind die schönsten" denke ich mir. Ich sitze hinter der Glasscheibe im Diagonal, warte auf meine Mutter und trinke ein Felsenau-Bier. Ich halte das Bier vor mein Gesicht. Verschwommen sehe ich die Frau. Wenn ich das Bier etwas nach links zur Bar drehe, dann gucke ich ins Licht. Wenn mensch Bier so ins Licht richtet, sieht es aus wie flüssiges Glück. Die Frau, die Andere zieht die Schuhe aus. Die Zehennägel sind lackiert, rötlich, blutrot. Auf meinem Tisch steht ein Blumenstrauss für meine Mutter zum verfrühten Muttertag. Blumen in allerhand Farben. Die Frau draussen vor der Tür spielt mit einer Pfütze, also eigentlich spielen die Zehen damit. Ich stehe auf, überlege kurz, welche Blume ich aus dem Strauss flowernappen will, entscheide mich für eine weisse Dahlie und bringe sie der inzwischen tanzenden Frau. Sie lächelt, dann lacht sie und singtspricht „I am Mia. I am here to fill our little silence with dancing“. Meine Mutter kommt. Wir setzen uns wieder an meinen Tisch. Die Frau, die Andere verschwindet Richtung Bundesplatz. Mit der weissen Blume.