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Monbijou - noch ohne Gringa |
Samstag, 1. Oktober 2011
Vladimir - Gringaschmetterling.
Donnerstag, 29. September 2011
Mia - Ich fordere Verwirrung.
Goldener Herbst im Breitsch. Blätter fallen. Roter Nagellack löst sich auf. Ich liege im Bett und fühle mich wie eine Tiermenschin, vorwinterschlafig. Gegen Mittag schlurfe ich zum Briefkasten, im Bademantel, von der Hoffnung begleitet, dass dieser Ausflug nicht in einem Gespräch münden möge. Schlimmstenfalls mit den Nachbarn. Die mit dem Kind stampfenden Kind von oben. Ich streife das kalte Treppengeländer. Meine nackten Füsse auf den Fliessen. - Schwein gehabt. Nachbarn on tour. - Im Briefkasten Drrr Bund und Werbung. Wieder nur Werbung. Tami. Ich will doch Liebesbriefe. Stattdessen gönne ich mir am Küchentisch sitzend: müdes Müesli und Musik von Republica. Laut, lauter, immer lauter. Um die eigenen immergleichen Gedanken nicht mehr hören. Aber die Haare fangen die Monotonie auf. Fantastisch schweife ich ab: Der diagonale Blumenschenker soll nun an der Türe klingeln. Laut, beharrlich. Auf das Glas klopfen. Lasse in herein. Er füllt gleich den Raum mit Lärm, Chaos und Verwirrung. Ich fordere Verwirrung! Ich fordere Lachen und Kreischen. Umarme mich, dusche mich mit Küssen! - Aber eben, in meiner realen Welt geht es um illegale Wahlplakate zwischen Schwarzenburg und Gasel, Krankenversicherungen und Take-away-Aktionen. Schön. Später im Coop, in den Knöchel gerammt von einer rabiaten Rentnerin. Ich meine lapidar „Kein Problem“. Offensichtlich eine sehr dämliche Antwort. Wenigstens sind jetzt Prosecco, Mayonnaise und Paprika Chips in meiner Einkaufstüte. Also Abendessen. Aber wo steckt bloss der Blumenschenker? Es gibt noch manche Stille, welche ich für Dich mit einem Tänzchen füllen möchte.
Freitag, 16. September 2011
Vladimir - Moules und Marshmallows.
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Zufriedene Marshmallows, mehrfarbig |
Samstag, 10. September 2011
Mia - Roter Nagellack geht immer.
Bored in Prishtina |
Sonntag, 4. September 2011
Vladimir - Atemlosigkeit.
Aufgeben mag ich nicht. Mia aus der Halbgrossstadt Bern ist irgendwo. Aber derzeit fühle ich mich krokodilig und fokussiere auf das Rasenmähen sowie auf das gelegentliche Verspeisen von Ungesundkeiten. Überhaupt sind alle angenehmen Dinge entweder illegal, unmoralisch oder sie machen dick. Andere Gesetze und Anstandsregeln wären spassiger. Item, so ist es halt nicht. Machen wir weiter im Wissen, dass die pure Vernunft niemals siegen darf. Dennoch schreibe ich vernünftigerweise Einkaufslisten und notiere Geburtstage. Sonst gibt es ein Puff im Fadechörbli. Und eben, in dieser vernünftigen Normalität passiert nix. Bloss eine Aneinanderreihung von Momenten, in denen wir atmen. Das Leben, das richtige Leben besteht hingegen aus Momenten, die uns den Atem rauben. Atmen wird überbewertet. Atmen am Tag, atmen nachdem die Sonne untergegangen ist. Wobei die Bedeutung nachts um ein Vielfaches leuchtet.
Sonntag, 21. November 2010
Mia - doppelte Sünde.
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Flüchtende Pflanzen, Madrid |
Ein ganz anderes Leben findet hier in der Halbgrossstadt Bern statt. Man kann gleichzeitig mehrere Leben führen. Doppellebig. Nichts ist hier so, wie es scheint. Beispielsweise die Postschalterfrau, eine halblustige und senfgelbblusentragende Frau mit dem Namensschild Rickli erlebe ich wenige Tage nach der letzten Transaktion als Tänzerin im Schlachthaustheater. Sie symbolisiert das weibliche Glück: In einem wallenden weissen Kleid tanzt sie zuviele Runden auf der Bühne. Hie und da schaut sie bei einer Herdplatte mit drei grossen Töpfen vorbei. In denen kocht Rickli eine undefinierbare Masse. Nach etwa fünfzehn Minuten schwitzt die tanzende Köchin ordentlich. Sie geht zum Herd und schüttet hastig den Inhalt der Kochtöpfe über ihr Kleid. Die Schüttmasse: Schokolade. Der Kritiker vom Drrr Bund schreibt nach der der Performance, dass die Choreographie unglaubwürdig und allenthalben sexistisch sei. Ich nicke lesend und meine, Schönheit liegt im Auge der Betrachterin. Und die Schoggirickli fand ich nicht schön. Und zudem befürchte ich nun, dass zukünftig sämtliche Briefmarken, bei der notwendigen Schleckerei, nach Schokolade riechen werden.
Herr Muhmenthaler und ich begegnen uns auf dem RAV, als ich einmal etwas langzeitarbeitslose. Wobei dieser Begriff nicht abschliessend auf mich zutrifft. Denn manchmal habe ich auch gegen Naturalien gearbeitet und nicht für Schweizer Franken. Aber irgendwie ist das auf dem RAV-Formular nicht vorgesehen. Item. Seine Aufgabe besteht darin, Arbeitslose mit schwer vermittelbaren Berufen wie Balletttänzerin, katholischer Pfarrer und GCZ-Spieler dazu zu bringen, mittels Umschulung den Beruf zu wechseln. Herr Muhmenthaler spricht oft und ausdauernd und gerne über Vernunft. „Wissen Sie, Mia, ich bin ein grosser Freund ihres Berufes“, sagte er zu mir, „und ich bin schampar froh, dass man ihre Leistung heutzutage an mancher Ecke bestaunen kann. Aber ich rate Ihnen dringend, einen vernünftigen Job zu erlernen, den einer Wirtschaftsprüferin oder einer Steuerberaterin Schweiz-Deutschland beispielsweise.“ - Sein Hemd passt farblich ideal zu den Tapeten in seinem Büro. - Muhmenthaler klingt sehr vernünftig und überzeugend. Er verdirbt mir für den Rest des Tages gründlich meine Laune. - Zufälligerweise habe ich meinem Vater am selben Tag versprochen, ihm den abendlichen Breitsch etwas näher zu bringen. Darauf wartet er schon ordentlich lange. Schliesslich will er wissen, wo seine Tochter sich so herumtreibt. Kurz nach 22 Uhr landen wir in einer Lokalität, welche nicht nur von Heteros besucht wird. Dort erzähle ich meinem Vater von dem frustrierenden RAV-Gespräch. Plötzlich entdeckte ich Muhmenthaler in einer Ecke. Er trägt Jeans mit Lederelementen, eine senfgelbe und damit rickliartige Lederjacke und um den Hals eine einigermassen dicke Goldkette. Aber eben, es ist nicht alles Gold, was glänzt. Ein junger, offenbar ziemlich fröhlicher Thailänder, sitzt lachend auf seinem Schoss. Herr Muhmenthalers Augen glänzen. „Da ist er übrigens, mein RAV-Berater“, sage ich zu meinem Vater, der sich hemmungslos umsieht, dann den Kopf langsamtadelnd schüttelt und meint, dass Unkraut nicht vergeht. Ich kontere mit, „zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.“
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Donnerstag, 8. April 2010
Wo warst Du am Todestag von Robbie Williams?
Wo auch immer, Du kannst froh sein, dass Du nicht in meinen Schuhen warst. Meine Schuhe waren nämlich ungemütlich, damals vor fünf Jahren, also zwanzig-zehn.
Es ist 2010 und ich arbeite als Gärtner in Los Angeles. Dort herrscht Wasserknappheit und Farbenvielfalt. Ich mag die grüne Routine. Während der Advents- und Weihnachtszeit fallen mir die starrenden Menschen erstmals auf. Meist mit einem verzogenen Lächeln. Aber erst als mich eine Frau in der Strasse mit “Mr. Williams“ anspricht, realisiere ich die Tragweite. Ich eile nach Hause, nach Venice Beach und gucke in den Spiegel. Bisher hatte ich niemals dieses Problem gehabt. Die Ähnlichkeit ist erst mit dem Alter gewachsen.
Wie eine prominente Person auszusehen ist grundsätzlich komisch. Aber in Los Angeles ist es eine Tragödie. Berühmtheit ist hier das Produkt und nicht die Kunst. Mein Status war an das Verhalten dieses anderen Typen geknüpft. Keine Woche vergeht, ohne dass ekstatische Voyeure durch eine Hecke, einen Zaun auf den arbeitenden Gärtner starren. Freundliche Anfragen für ein Autogramm degenerieren rasch ins Unangenehme, wenn ich bemerke: “Glauben Sie wirklich, dass Robbie Williams seine Hände mit einem Kakteengarten schmutzig macht?“. In der nächsten Sekunde verändert sich der Gesichtsausdruck meines Gegenübers merklich, zerfällt, ins Allgemeine. Die wenigen Bekanntschaften, welche zu Freunden werden, sind Menschen ohne Kenntnis von Robbie Williams. Und wie viele davon gibt es? Es ist eine einsame Strasse bis einer von uns stirbt. Es folgen schwierige Zeiten, Obama kämpft gegen Palin im Wahlkampf. Eines Abends gehe ich Bixel Street runter und bleibe an einer Menschentraube vor einem Restaurant stehen. Das Restaurant wird gerade neu eröffnet, Bänder durchschnitten. Vorne die Promis, dann die Fotografen, noch weiter hinten die Gaffer und ich, ein weiterer Gaffer. Durch das Fenster sehe ich Williams. Er trägt einen körperbetonten Anzug. Ich will ihn fragen, meinen Erzfeind, ob er denn realisiere, wie viel Kummer er mir bereite? Also umgehe ich den Sicherheitsdienst und plötzlich stehe ich vor ihm. Sagen tue ich nichts. Ist auch nicht notwendig. Mein Gesicht spricht. Er schaut mich an, nimmt eine Serviette und schreibt seine Telefonnummer darauf.
Am nächsten Tag rufe ich Williams an. Er fragt: „Wie ist es ich zu sein.“. Ich antworte: „Beschissen.“ „Wie wäre es ich zu sein und dafür bezahlt zu werden?“ fragt er nach. Ich meine: „Weniger beschissen.“ Und so begann mein Leben als temporärer Robbie Williams.
Es ist 2010 und ich arbeite als Gärtner in Los Angeles. Dort herrscht Wasserknappheit und Farbenvielfalt. Ich mag die grüne Routine. Während der Advents- und Weihnachtszeit fallen mir die starrenden Menschen erstmals auf. Meist mit einem verzogenen Lächeln. Aber erst als mich eine Frau in der Strasse mit “Mr. Williams“ anspricht, realisiere ich die Tragweite. Ich eile nach Hause, nach Venice Beach und gucke in den Spiegel. Bisher hatte ich niemals dieses Problem gehabt. Die Ähnlichkeit ist erst mit dem Alter gewachsen.
Wie eine prominente Person auszusehen ist grundsätzlich komisch. Aber in Los Angeles ist es eine Tragödie. Berühmtheit ist hier das Produkt und nicht die Kunst. Mein Status war an das Verhalten dieses anderen Typen geknüpft. Keine Woche vergeht, ohne dass ekstatische Voyeure durch eine Hecke, einen Zaun auf den arbeitenden Gärtner starren. Freundliche Anfragen für ein Autogramm degenerieren rasch ins Unangenehme, wenn ich bemerke: “Glauben Sie wirklich, dass Robbie Williams seine Hände mit einem Kakteengarten schmutzig macht?“. In der nächsten Sekunde verändert sich der Gesichtsausdruck meines Gegenübers merklich, zerfällt, ins Allgemeine. Die wenigen Bekanntschaften, welche zu Freunden werden, sind Menschen ohne Kenntnis von Robbie Williams. Und wie viele davon gibt es? Es ist eine einsame Strasse bis einer von uns stirbt. Es folgen schwierige Zeiten, Obama kämpft gegen Palin im Wahlkampf. Eines Abends gehe ich Bixel Street runter und bleibe an einer Menschentraube vor einem Restaurant stehen. Das Restaurant wird gerade neu eröffnet, Bänder durchschnitten. Vorne die Promis, dann die Fotografen, noch weiter hinten die Gaffer und ich, ein weiterer Gaffer. Durch das Fenster sehe ich Williams. Er trägt einen körperbetonten Anzug. Ich will ihn fragen, meinen Erzfeind, ob er denn realisiere, wie viel Kummer er mir bereite? Also umgehe ich den Sicherheitsdienst und plötzlich stehe ich vor ihm. Sagen tue ich nichts. Ist auch nicht notwendig. Mein Gesicht spricht. Er schaut mich an, nimmt eine Serviette und schreibt seine Telefonnummer darauf.
Am nächsten Tag rufe ich Williams an. Er fragt: „Wie ist es ich zu sein.“. Ich antworte: „Beschissen.“ „Wie wäre es ich zu sein und dafür bezahlt zu werden?“ fragt er nach. Ich meine: „Weniger beschissen.“ Und so begann mein Leben als temporärer Robbie Williams.
Montag, 1. Februar 2010
Vladimir - Der Anlass ist vorbei.
Müder Ballon, sehr müde Pflanzen |
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Dienstag, 15. Dezember 2009
Mia - Irgendwie Salvador Dalí-esk.
Den ersten Schnee könne mensch riechen, behaupten die FreundInnen des Winters erfreut. “Ja ja“ denke ich, “die belügen sich selbst“. Ob nun Lüge oder Wahrheit, kalt ist dieser Schnee trotzdem. Bärig sitze ich von November bis März mehrheitlich in meiner Wohnung. Dort stelle ich regelmässig Möbel um. Schränke und Schränkchen werden ausgemistet. Dieser ganze Ghüdder (inkl. Bankbelege 97) muss weg. Die Entleerung des Lebens. Aber bloss temporär. Denn die Füll- und Völlerei jagt durch den Advent. Diese Zeit ist üppig bestückt mit triefenden Sossen, Güetzis und dem alkoholischen Bisi des Teufels. Menschen rühren rührselig in Fondues bis sie die Umwelt durch Salvador Dalí’s Brille sehen. – So ging es mir auch gestern. Ordentlich betrunken brabbelte ich über Mann und Frau, um dann halsbrecherisch mit dem Satz “Wer anderen in die Möse beisst, ist böse meist“ zu enden. Einige lachten leise, andere schwiegen laut. Noch einen Schluck Rotwein und dann war der Sonntag, dieser Advents-Rollschinkli-Zimtstern-Rioja-Sonntag zu Ende.
Plötzlich Montag. Ein mustergültiger Montag. Innerlich schreie ich “Es ist zu Montag!“ Und diese Montage sind keine richtigen Tage. Eher helle Nächte. An der Tramstation am Viktoriaplatz stelle ich fest, dass die meisten älteren Menschen irgendwie ähnlich aussehen. Liegt vermutlich an den Coiffeuren. Im Tram über die Kornhausbrücke, neuerdings mit diesem Netz. Ratlos gucke ich. Zuerst auf das Netz. Dann auf meine Fingernägel. Die sind schmutzig. Ich sollte sie neu lackieren.
Item. Jetzt will ich nach Hause. Eigentlich will ich immer nach Hause. Auch wenn ich schon dort bin.
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Sonntag, 1. November 2009
Vladimir - Manchmal bin ich ein Fisch.
Im Regen kann mensch Regenwürmer riechen.
Monbijou, nächtliches Monbijou. Im Bubenalter habe ich bereits in diesem verschlafenen Quartier geschlafen. Damals noch in einem doppelstöckigen Bett. Unter mir der grosse Bruder, über mir die Sterne und ein lachender Mond, welche meine Mutter an die Decke geklebt hatte. Die Himmelsgestirne leuchteten matt und gaben mir Orientierung in der Nacht. Heute orientiere ich mich am Handy-Display. Ich bin wach und es ist spät.
…Kniescheiben wie Frisbees…
Meine Laune ist neutral. Weshalb bloss? Warum steigt die Freude nicht in mir auf? Dabei habe ich sie heute gesehen. Mia, die Tänzerin. Nicht bloss diagonal gesehen. Ich habe sie auch gehört. Nur Satzfetzen, aber immerhin.
Ein Penis kommt selten allein. Dies gilt auch für Dich, Du trümmliger...
Ich wäre so gerne der Mann, der sie nicht bloss ansieht, nicht bloss zuhört, sondern der Mann der aufsteht, zu ihr geht. Ich wäre so gerne der Mann, der Dich mit einem Satz verzaubert. Aber ich bin ein Fisch und bleibe stumm. Stumm. Stumm.
Manchmal interessiert mich Deine Meinung einfach nicht. Tami.
Dann stehst Du auf, ein erstaunlich leiser Vorgang, ziehst Dich zwiebelmässig an. Dein Gesicht, beinahe regungsfrei. Deine Augen leicht zusammengedrückt. Ich erahne eine Suche in den Erinnerungen. Da, da. Du weisst wer ich bin. Deine Mundwinkel heben sich. Ich bleibe wachsfigurig. Du gehst. Ich denke an Deine blutroten Zehennägel. - Ich brauche mehr Zeit zum Schlafen. Denn der frühe Vogel, der kann mich mal.
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Donnerstag, 15. Oktober 2009
Mia - Der BH-Gürtel. / Mia - The bra-belt.
Neben mir höre ich Schnarchatmen. Mein Kopf schmerzt, Nadeln suchen einen Ausgang. Ich öffne ein Auge und erblicke den Schnarchatmer, nackt neben mir. Dies ist nicht mein Bett, nicht mein Zimmer. Aber egal. Derzeit fokussieren sich meine Gedanken auf die Nadeln. Zudem muss ich pissen. Also aufstehen. Ich bin, abgesehen von einem BH, welchen ich als Gürtel trage, ebenfalls nackt. Wo ist bloss das WC? Wasser auf meinem Gesicht. Keine Tabletten vorhanden. Zähneputzen mit fremder Bürste. Eklig. Aber besser als fauler Mundgeruch. Zurück ins Bett. Der Mann ist wach. Er bietet Kafi an. Ich wünsche Panadol. Er bringt Kafi. Zurück im Schema: Kafi trinken, schmales Gespräch, Sex-mit-Dir-war-schampar-schön, Dusche, anziehen, Nummernaustausch (fakultativ). Auf der Strasse blendet mich die Helligkeit, trotz Hochnebel. Weshalb lande ich regelmässig in fremden Betten? Ich bin doch zu erfahren dafür, aus unbekannten Häusern zu fallen, meine Kleider verkehrt herumtragend und erst noch nicht ahnend, wo ich bin und wie ich wieder in den Breitsch komme. Eine Aneinanderreihung der Unverbindlichkeit. Dabei suche ich wohl Liebe. Liebe ist ein schönes Wort. Nashornscheisse auch. Aber eben. Es ist hart Single zu sein, insbesondere wenn Du an Hochzeiten eingeladen wirst. Also soll die Unverbindlichkeit begraben werden? Was gestern noch selbstverständlich war, kann heute schon unmöglich sein. Ich brauche eine Tablette und ein Cola und meinen Bund und mein Wohnzimmer, also das Diagonal.
Next to me I hear snore-breathing. My head hurts, needles are searching an exit. I open one eye and see the snore-breather, naked next to me. This is not my bed, not my room. But who cares. Presently my thoughts are focused on those needles. And I got to pee. So I get up. I am, besides a bra that I am wearing as a belt, also naked. Where is the bathroom? Water on my face. No pills in the cupboard. Brushing my teeth with his brush. Aah. But better than decayed breath in my mouth. Back to bed. The man is awake. He offers coffee. I request Panadol. He gets coffee. Back to the usual pattern: drinking coffee, “narrow” talk, sex-with-you-was-“schampar“-nice, shower, get dressed, exchange of phone numbers (facultative). Back in the streets the intensity of the light bedazzles me, despite high fog. Why do I regularly end up in unknown beds? I should be experienced enough, not to fall out of weird houses, wearing my clothes like Kris Kross, not even knowing where I am and how I get back to the Breitsch. A sequence of non-commitments. Probably I am searching for love. Love is a beautiful word. Rhino-shit also. „Item“. It is tough to be alone, especially at marriages. Should the non-commitments be buried? What was self-evident yesterday may be impossible today. I need a pill and a coke and my ”Bund“ and my living room, thus the ”Diagonal“.
Next to me I hear snore-breathing. My head hurts, needles are searching an exit. I open one eye and see the snore-breather, naked next to me. This is not my bed, not my room. But who cares. Presently my thoughts are focused on those needles. And I got to pee. So I get up. I am, besides a bra that I am wearing as a belt, also naked. Where is the bathroom? Water on my face. No pills in the cupboard. Brushing my teeth with his brush. Aah. But better than decayed breath in my mouth. Back to bed. The man is awake. He offers coffee. I request Panadol. He gets coffee. Back to the usual pattern: drinking coffee, “narrow” talk, sex-with-you-was-“schampar“-nice, shower, get dressed, exchange of phone numbers (facultative). Back in the streets the intensity of the light bedazzles me, despite high fog. Why do I regularly end up in unknown beds? I should be experienced enough, not to fall out of weird houses, wearing my clothes like Kris Kross, not even knowing where I am and how I get back to the Breitsch. A sequence of non-commitments. Probably I am searching for love. Love is a beautiful word. Rhino-shit also. „Item“. It is tough to be alone, especially at marriages. Should the non-commitments be buried? What was self-evident yesterday may be impossible today. I need a pill and a coke and my ”Bund“ and my living room, thus the ”Diagonal“.
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Mittwoch, 14. Oktober 2009
Vladimir - Hip Hop ohne Mia.
Die Schinkengipfelisituation lässt mich verzweifeln. Vermutlich im Zuge der Vereinheitlichung im Rahmen der vorauseilenden Anwendung der „EU-Verordnung über die Normierung minimal gekrümmter Hörnchen mit Fleischzusatz vom Zuchtschwein“ verschlechterte sich die Konsistenz von Schinkengipfelis auf dem Platz Bern markant. Ich bin verzweifelt. Und da mensch seiner Sehnsucht und nicht seiner Verzweiflung folgen sollte, habe ich mir Rezepte („333 Schinkengipfelirezepte für die moderne Hausfrau“, Emma Verlag, Langenthal, 1949) im Stauffacher beschafft und backe mir die sehnsüchtig von meinem Gaumen erwarteten Dinger selbst. Nach der Backerei und dem Verzehr (inkl. Verbrennung) eines Eigenproduktionsschinkengipfelis gehe ich an eine Party. Eigentlich eher zufällig. Dort spreche ich mit einem unsicheren Mann. Er erklärt: „Ehrlichkeit ist ein zweischneidiges Schwert. Alle sagen, dass sie Ehrlichkeit wollen, aber keiner will sie wirklich hören.“ Das macht in meinem Kopf gerade noch Sinn. Dann mit einer sehr dünnen Frau: Sie meint „J’adore le hip-hop.“ Nichts ist süsser als eine Welsche die „Hip Hop“ sagt. Aber eigentlich langweile ich mich. Aber es ist schwer zu gehen, wenn alle anderen bleiben. Ich gehe dennoch. Zuhause gucke ich eine Wiederholung von Aeschbacher. Die Nacht ist oft zu schön, um zu schlafen. Heute ist nicht so eine Nacht. Ich gehe schlafen, ohne Mia.
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Montag, 17. August 2009
Mia - Das Meerschweinchen Kaurismäki.
Meine Coop-Bulgarin ist weg. Jetzt muss ich wieder diese “Haben-Sie-eine-Supercard“-Frage beantworten. Tami. – Egal. Es ist Sonntag, wobei dieser noch nach Samstag riecht. - Eben in der Turnhalle gewesen. Im ersten Stock. Einem ersten Stock der so tut, als wäre er drei Stockwerke hoch. Dort gibt es temperaturgerechte Musik aus dem Süden Amerikas. Die Menschen saufen schon bei den Treppen, weiter bei der Eingangstüre, selbstverständlich an der Bar, vermutlich sogar am Pissoir stehend. Auf die Schirmchendrinks wird hier verzichtet. Auch Niedrigprozentiges wie Bier und “Panache“ hat Hausverbot. Die Menschen schnattern, brabbeln. Männer zeigen Brusthaare, Frauen zeigen Brüste. Ein Mensch mit Brusthaaren nimmt mich an der Hand “Tanz’ mit mir“. Ich bin bereits zu betrunken für Widerstand. Er schwenkt mich durch den Raum. Einfache doppelte Drehungen. Mir wird nicht schlecht. Später sitzen wir draussen im Garten. Er spricht und spricht. Aber seine Monologe bringen das Gespräch nicht weiter. Ich eile zur Rettung und verkünde gesprächsflussfördernd „Alkohol ist die Antwort“. Er nickt. Ich schweige, denn ich habe die Frage vergessen. Später bei ihm. Eine Wohnung wie gekotzt. Pastell gekotzt. Noch immer besoffen werfe ich ihm vor „Wenn Du schon dumm bist, stell’ wenigstens einige Bücher ins Gestell.“ Er sagt nix mehr. Er sitzt bloss noch, irgendwie liegend. Neben ihm ein Meerschweinchen, ein leuchtendes Meerschweinchen namens Kaurismäki.
Montag, 3. August 2009
Vladimir - Sofas in Iselle.
Zügig abgebraust. Im Gepäck Wasser, Schinkengipfeli und ein anstrengendes Buch über ein versprochenes Land. Das Zeugs schleppe ich teilweise im Rucksack, teilweise in meinem Magen bis ans Mittelmeer. Zwei Stunden am Meer, in Italien. Müde bin ich. Wenn mensch sechs Stunden nachts im Bett und vier Stunden tags im Zug schläft, ist er danach immer noch müde. Item. - Dann eigentlich wieder zurück nach Bern, ins Monbijou. Aber an der Italienisch-Schweizerischen Grenze stellen die Zöllner überraschenderweise eine Sans-Papiers-Situation (SPS) meinerseits fest. Ich bin auch überrascht. Wir einigen uns kollegial, dass ich eine Nacht auf der Grenzstation verbringe. Während dieser Zeit soll meine Identität abgeklärt werden. Eine Nacht in Iselle also. In meinem Zimmer auf einem Sofa sitzend lese ich im anstrengenden Buch. Die entscheidende Erkenntnis: Niemals in fremde Sofaritzen fassen, niemals. Die Zöllner gucken TV. Alle Fernsehfrauen sind Schwestern von Michelle Hunziker. Die Männer kleiner. Ich akzeptiere die Wachheit und trinke Kaffee. Interessanterweise schmeckt Kaffee aus Tassen nur halb so gut wie Kaffee aus Bechern. Um sieben Uhr meldet sich die Predigergasse in Bern. Diese bestätigt mein Berner Leben. Zudem bestätigt sie meine Nichtbezahlung der letzten beiden Steuerraten. Der Teufel scheisst immer auf den grössten Haufen. Manchmal hat er Durchfall. – Wieder im Zug finde ich ein Schinkengipfeli. Etwas durchgehudelt, aber noch essbar. – Grundsätzlich ist das Glück eine Hure, welche sich heute als Schinkengipfeli verkleidet hat.
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Sonntag, 12. Juli 2009
Mia - Schlussmachen mit Prince.

Erneut im Coop. Die lustige mittelalterliche Bulgarin bediente mich bei den Fleischwaren. Wir plauderten über den Thunersee, Michael Jackson und die Young Boys (olé!). Früher kriegte ich jeweils eine Scheibe Aufschnitt extra, einfach weil ich klein war. Nun, die Kindheit ist vorbei. Inzwischen wird auch nicht mehr Aufschnitt, sondern Filet bestellt. Ich werde dieses Filet essen. Das dazugehörige Viech ist aber längst gestorben. Und auch an uns wird sich niemand mehr erinnern. Aber dies ist eigentlich limitiert tragisch. Können wir doch tun und lassen was wir wollen, ohne Konsequenzen. Wobei es gibt Grenzen. Beispielsweise bleibt es dämlich, die Herdplatte zu berühren um herauszufinden, ob diese heiss ist. Denn Herdplatten können eben heiss sein. Zudem riecht verbrannte Menschenhaut jämmerlich. Gerne möchte ich diesen Geruch festhalten. Stinkende verbrannte Menschenhaut. Aber schade, Gerüche kann man nicht fotografieren. – Item. – Früher habe ich Prince geliebt. Nicht die Musik, nein, den Mann, dass Männchen Prince. Dann wurde er Veganer. Dies passte nur begrenzt zum Gratisaufschnitt im Coop. Aber in jeder Beziehung gibt es Kompromisse. Dann wurde er ein Zeuge von einem Typ namens Jehova. Schluss, genug ist genug. „Prince, you are the boyfriend formerly known as Prince. Leave now and leave the plants“. Da schnappte er sich die Revolution und verschwand. Seither bin ich überzeugt, dass die Liebe eine Erfindung der Musikindustrie, also vermutlich von Prince persönlich. Dabei wäre Distanz in einer Liebe, also angenommen es gäbe die Liebe überhaupt, ein wichtiges Gewürz. Wobei allenfalls war Prince’s Heimat, dieses Amilandia doch zu weit weg. Zürich hätte wohl gepasst. Mia Prince. Das hätte auch gepasst. Tami.
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