Sie stand da, Arme trotzig auf die auffälligen Hüftknochen gestützt und guckte rüber auf Perron 3. Dort auf Perron 3, regelmässige Werbeplakate mit Bänken für wartende, müde, gelangweilte, betrunkene Menschen. Aber auch Abfallkübel, orange Stempelstatuen und vereinsamte Transportwagen (2 Franken Depot, wer kriegt die eigentlich?). Züge fuhren nicht, “Stellwerkfehler“ behauptete die Lautsprecherin. Trotzdem stand sie da und lugte rüber auf Perron 3. Starrend, kaum mit den Augen zwinkernd. Perron 3. Menschen mit Käsegesichtern.
Am Nachmittag war sie in der Stadt gewesen, also in der Innenstadt. Eine weisse Bluse wollte sie kaufen. Aber die Kreditkarte klemmte, wobei dies nicht so schlimm war, hatte ihr die Bluse eigentlich gar nicht gefallen, der Schnitt ignorierte den Bauchnabel. Es wäre ein Notkauf gewesen. Dann halt lieber die ausgewetzte Bluse noch einmal benutzen, vielleicht mit einem Pulli, damit der dünne Ellbogenstoff versteckt ist. Später noch Zeitung lesen im Diagonal, verraucht, überraschend verraucht. Ist das nicht verboten? Egal. Die Zeitung passte irgendwie auch nicht. Der Schnitt war in Ordnung, aber nach den ganzen Gratiszeitungen war der Text vielleicht einfach zu lange. Daran war sie nicht mehr gewöhnt. Sie wollte Internetlesen. Schnell und schlagzeilig und SMSig.
Und jetzt halt, Augen gen Perron 3. Keine Bluse, keine Schlagzeilen, dafür Stellwerkfehler am Bahnhof und irgendwie auch überhaupt.
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