Präeisheilige Sonnentage im Quartier: Erfrorene Balkonleichen werden mit mehrjährigem Grünzeugs ersetzt. Der ganze „Blumen-sind-so-stimmungsvoll-schön“-Ansatz ist damit endgültig gescheitert. Wobei zu Knoblauch und Zwiebeln habe ich mich als Mia 2.0 hinreissen lassen. Denn Mia 2.0 weist ein neues Feature auf: Fleischlosigkeit. Nicht so eine Moda-Flexetarierin, auch keine Veganerin. Vorteile offensichtlich: kürzere Wege im Coop, „Bambi“ ohne schlechtes Gewissen schauen und (aus lauter Verzweiflung) brandneue Geschmacksrichtungen auf meiner Zunge. Zudem dehne ich den Vegi-Approach flexibel aus: Rindsbouillon und Ketchup sind erstaunlicherweise in meiner Gemüse&Freunde-Kategorie. Herzlich willkommen! Aber es harzt. So war ich gestern an einem Vegi-Abend in einer Vegi-Beiz mit Vegi-Menschen. Dort tun alle so, also ob Fleischlosigkeit „courant normale“ wäre. Dementsprechend betonen wir alle andauernd wie regional und frisch die Speisereien seien. Bei Bemerkungen wie „Das Bauchgefühl kommt immer zuerst“ oder "Schwein nicht gehabt" steigt die Peinlichkeit in meinem Hals hoch. Das ging weiter und weiter, die Männer wurden immer unattraktiver, der Biowein konnte dies nicht mehr kompensieren, schampar sarkasmodisch. Ich dachte mir „Irgendjemand hat eine Dose Idioten aufgemacht“. Also Abschied auf Französisch, hurtig über den Breitschplatz nach Hause. - Im Bett liegend und SMS lesend: „Shopping? X Cosima“ steht da? Und plötzlich bin ich wieder vegetarischer. Denn wer "Shoppen" als Aktivität angibt, hat etwas sehr Grundlegendes nicht verstanden. Interessanterweise mische ich schlaftrunkten die Themen Fleisch und Shoppen zusammen: „Floppen-Eintopf“. Aber unschönerweise schiebe ich mich damit auch in die Birkenstockecke. Und dort will ich doch nicht sein. - Ich ignoriere und denke, irgendwie ist der diagonale Blumenschenker heute unendlich weit weg. Seine anziehende Aufmerksamkeit bloss eine Erinnerung. Tami, soll ich nun Schinkengipelisaft trinken? Egal, Liebeskummer ist Luxus.