Präeisheilige Sonnentage im Quartier: Erfrorene Balkonleichen werden mit mehrjährigem Grünzeugs ersetzt. Der ganze „Blumen-sind-so-stimmungsvoll-schön“-Ansatz ist damit endgültig gescheitert. Wobei zu Knoblauch und Zwiebeln habe ich mich als Mia 2.0 hinreissen lassen. Denn Mia 2.0 weist ein neues Feature auf: Fleischlosigkeit. Nicht so eine Moda-Flexetarierin, auch keine Veganerin. Vorteile offensichtlich: kürzere Wege im Coop, „Bambi“ ohne schlechtes Gewissen schauen und (aus lauter Verzweiflung) brandneue Geschmacksrichtungen auf meiner Zunge. Zudem dehne ich den Vegi-Approach flexibel aus: Rindsbouillon und Ketchup sind erstaunlicherweise in meiner Gemüse&Freunde-Kategorie. Herzlich willkommen! Aber es harzt. So war ich gestern an einem Vegi-Abend in einer Vegi-Beiz mit Vegi-Menschen. Dort tun alle so, also ob Fleischlosigkeit „courant normale“ wäre. Dementsprechend betonen wir alle andauernd wie regional und frisch die Speisereien seien. Bei Bemerkungen wie „Das Bauchgefühl kommt immer zuerst“ oder "Schwein nicht gehabt" steigt die Peinlichkeit in meinem Hals hoch. Das ging weiter und weiter, die Männer wurden immer unattraktiver, der Biowein konnte dies nicht mehr kompensieren, schampar sarkasmodisch. Ich dachte mir „Irgendjemand hat eine Dose Idioten aufgemacht“. Also Abschied auf Französisch, hurtig über den Breitschplatz nach Hause. - Im Bett liegend und SMS lesend: „Shopping? X Cosima“ steht da? Und plötzlich bin ich wieder vegetarischer. Denn wer "Shoppen" als Aktivität angibt, hat etwas sehr Grundlegendes nicht verstanden. Interessanterweise mische ich schlaftrunkten die Themen Fleisch und Shoppen zusammen: „Floppen-Eintopf“. Aber unschönerweise schiebe ich mich damit auch in die Birkenstockecke. Und dort will ich doch nicht sein. - Ich ignoriere und denke, irgendwie ist der diagonale Blumenschenker heute unendlich weit weg. Seine anziehende Aufmerksamkeit bloss eine Erinnerung. Tami, soll ich nun Schinkengipelisaft trinken? Egal, Liebeskummer ist Luxus.
Donnerstag, 10. Mai 2012
Dienstag, 13. März 2012
Vladimir - In the end I will always choose disco.
Der Gringaschmetterling piepst sich transatlantisch-binär meinen Blackberry. Seit Monaten habe ich sie nicht mehr vor mir gesehen. Aber ganz knapp, ist sie mehr als nur ein verblassender Traum. Sie ist eine Erinnerung. Eine Erinnerung mit Möglichkeiten. Item, jetzt liegt eine Andere auf dem Sofa. Wieder angelsächsische Herkunft. Im frühmorgendlichen Bollwerk-Kapitel meint Sie I could love you, but just that you know, in the end I will always choose disco. Denise-Biellmannig dreht sie ihre Runden. Schnell, ein tanzendes Lauffeuer, mit Lächeloption und Pferdeschwanz. Dabei strahlt sie mehr Wärme aus als ich. Innere Unzufriedenheit aka melancholische Trunkenheit. Später über den nächtlichen Bahnhofplatz zum Monbijou. Auf der Höhe Hirschengraben plötzlich: der versöhnliche Nachthimmel. Sie spuckt auf den Kiesboden. Ich: Was soll ich bloss von Dir halten? Sie: Du kannst mich halten für was Du willst. Solange Du mich im Arm hältst. – Später lasse ich sie haltlos auf dem Sofa Typ Pedro schlafen. Denn schlafen lohnt sich auch dann noch, wenn mensch denkt es lohnt sich längst nicht mehr. Nach Sonnenaufgang trinken wir Katerkafi, ich erzähle Schmetterlingsgeschichten und sie meint Liebeskummer ist Luxus, Honey. Ich nicke und esse eine unberechenbare Kiwi. Postduschig legt sie sich auf den Pedro und lackiert sich die Fussnägel. Ich lese Zeitung. Sie schläft ein. Der Lack trocknet. Ich wasche unsere Kleider. Sie trägt Interimskleider aus meinem Schrank. Ich stehe vor der Waschmaschine und denke: Gibt es etwas längeres als die letzte Waschmaschinenminute? Später schlafen wir wieder. Sie ist jetzt in meinem Bett. Aber bloss freundschaftlich orientiert. Das Hirschengrabenspucken irritiert mich zu sehr. Und sie mag mich nicht mit einem Blackberry teilen. Item. Ich mag sie, denn die Hirschengrabenspuckerin mit dem Pferdeschwanz ist keine Trendschlampe.
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