Montag, 17. August 2009

Mia - Das Meerschweinchen Kaurismäki.


Meine Coop-Bulgarin ist weg. Jetzt muss ich wieder diese “Haben-Sie-eine-Supercard“-Frage beantworten. Tami. – Egal. Es ist Sonntag, wobei dieser noch nach Samstag riecht. - Eben in der Turnhalle gewesen. Im ersten Stock. Einem ersten Stock der so tut, als wäre er drei Stockwerke hoch. Dort gibt es temperaturgerechte Musik aus dem Süden Amerikas. Die Menschen saufen schon bei den Treppen, weiter bei der Eingangstüre, selbstverständlich an der Bar, vermutlich sogar am Pissoir stehend. Auf die Schirmchendrinks wird hier verzichtet. Auch Niedrigprozentiges wie Bier und “Panache“ hat Hausverbot. Die Menschen schnattern, brabbeln. Männer zeigen Brusthaare, Frauen zeigen Brüste. Ein Mensch mit Brusthaaren nimmt mich an der Hand “Tanz’ mit mir“. Ich bin bereits zu betrunken für Widerstand. Er schwenkt mich durch den Raum. Einfache doppelte Drehungen. Mir wird nicht schlecht. Später sitzen wir draussen im Garten. Er spricht und spricht. Aber seine Monologe bringen das Gespräch nicht weiter. Ich eile zur Rettung und verkünde gesprächsflussfördernd „Alkohol ist die Antwort“. Er nickt. Ich schweige, denn ich habe die Frage vergessen. Später bei ihm. Eine Wohnung wie gekotzt. Pastell gekotzt. Noch immer besoffen werfe ich ihm vor „Wenn Du schon dumm bist, stell’ wenigstens einige Bücher ins Gestell.“ Er sagt nix mehr. Er sitzt bloss noch, irgendwie liegend. Neben ihm ein Meerschweinchen, ein leuchtendes Meerschweinchen namens Kaurismäki.

Montag, 3. August 2009

Vladimir - Sofas in Iselle.


Zügig abgebraust. Im Gepäck Wasser, Schinkengipfeli und ein anstrengendes Buch über ein versprochenes Land. Das Zeugs schleppe ich teilweise im Rucksack, teilweise in meinem Magen bis ans Mittelmeer. Zwei Stunden am Meer, in Italien. Müde bin ich. Wenn mensch sechs Stunden nachts im Bett und vier Stunden tags im Zug schläft, ist er danach immer noch müde. Item. - Dann eigentlich wieder zurück nach Bern, ins Monbijou. Aber an der Italienisch-Schweizerischen Grenze stellen die Zöllner überraschenderweise eine Sans-Papiers-Situation (SPS) meinerseits fest. Ich bin auch überrascht. Wir einigen uns kollegial, dass ich eine Nacht auf der Grenzstation verbringe. Während dieser Zeit soll meine Identität abgeklärt werden. Eine Nacht in Iselle also. In meinem Zimmer auf einem Sofa sitzend lese ich im anstrengenden Buch. Die entscheidende Erkenntnis: Niemals in fremde Sofaritzen fassen, niemals. Die Zöllner gucken TV. Alle Fernsehfrauen sind Schwestern von Michelle Hunziker. Die Männer kleiner. Ich akzeptiere die Wachheit und trinke Kaffee. Interessanterweise schmeckt Kaffee aus Tassen nur halb so gut wie Kaffee aus Bechern. Um sieben Uhr meldet sich die Predigergasse in Bern. Diese bestätigt mein Berner Leben. Zudem bestätigt sie meine Nichtbezahlung der letzten beiden Steuerraten. Der Teufel scheisst immer auf den grössten Haufen. Manchmal hat er Durchfall. – Wieder im Zug finde ich ein Schinkengipfeli. Etwas durchgehudelt, aber noch essbar. – Grundsätzlich ist das Glück eine Hure, welche sich heute als Schinkengipfeli verkleidet hat.