Mittwoch, 28. Februar 2007

Männer in weissen Hemden I.

Der Prototyp eines Beraters, Bankers oder Wirtschaftsprüfers trägt ein weisses Hemd. Weiss symbolisiert Unschuld. Diesem Mann kann man/frau vertrauen. Schliesslich trägt er nicht ein rotes oder gelbes oder gar grünes Hemd. Nein, ein weisses Hemd. Nun, dieses unscheinbare Kleidungsstück steht aber auch für Nüchternheit und eine gewisse Langeweile. Ein Essen mit dem Hemdträger wäre sicherlich unendlich monoton. Aber die Männer in weissen Hemden (siehe Archivaufnahme rechts) wehren sich. Sie schreien leise, "Wir feiern, wie wild, wie die Männer in den roten oder gelben oder gar grünen Hemden!".

Werbeunterbrechungen.

Gar nicht gefallen tun mir Filme mit Werbeunterbrechungen. Aber der Gipfel der Frechheit sind Filme mit Werbeunterbrechungen, bei denen vor der Unterbrechung einige Sekunden des Filmes identisch mit den ersten Sekunden nach der Unterbrechung sind. Das geht gar nicht. Da juckt es mich. Dieses Jucken wird auf die Fernbedienung übertragen und ich schaue für dreissig Sekunden Eurosport oder so.

Dienstag, 27. Februar 2007

Rein de Lege.

Auf der Plaza del Pi tranken einige Freunde aus Bern an einem Sonntag im Spätfrühling 2004 ein frühes Bier. Für mindestens eine Person ein zu frühes Bier. Dabei entdeckten wir die Bilder von Rein de Lege. Dieser 1954 geborene Holländer malt seit knapp zwanzig Jahren in Barcelona und lebt in der Nähe von Sitges. Die "Gesichter" sind Produkte seiner Imagination - jedes Bild ein Einzelwerk. Er wendet dabei verschiedene Techniken an, Zeichnen, Malen, Collagen. - Widerstand war zwecklos, ich beschaffte mir eines der Small Faces. Länglich und traurig, auf rotem Grund schaut es runter auf das Wohnzimmer. Ich nenne das Gesicht Willhelm. Der abgelutschte Kommentar der verfolgenden Augen stimmt bei Willhelm. Ich mag Ihn.

Das Bild links zeigt den blauen Bruder von Willhelm (Big face No. 1, 2005).

Russische Liebe.

Im fernen Russland geschieht allerhand. Da wird gefroren, geschwiegen (also vor allem die Russen), Wodka getrunken, IKEA-furnishisiert und neue Stufen der Liebe mit all Ihren schönen Folgen entstehen. Eben noch im Dûdu, jetzt schon im Landeanflug zu Mutter- und Vater- und Ehefreuden.

Eigentlich erstaunlich, war doch der zukünftige Vater und Ehemann noch vor kurzem ein schampar Wilder, wie nebenstehendes Bild beweist. Der betreffende Mann strauchelt leicht verwirrt ganz links. Die beiden Herren rechts möchten aufgrund ungebührlichem Verhaltens anonym bleiben.


Samstag, 24. Februar 2007

Hole in the wall.


Via Prag, Mailand. Bereits im Flugzeug, „die anderen verursachen nur Probleme, immer Streit… Aber der Libanon bleibt die Wiege der Menschheit.“ Am frühen Nachmittag Landung in Beirut. Beim Zoll aus Trotz den amerikanischen Pass gezeigt und gestempelt gekriegt. Sicherlich nicht hilfreich bei nächstem USA-Besuch. Vor dem Flughafen warten die Taxis. Gemäss Lonely Planet nie mehr als USD 12 bezahlen. Ich insistiere trotz Müdigkeit. Kriege kein Taxi, am Ende Kompromiss bei USD 15, aber er muss noch tanken gehen. Anstatt zu tanken, holen wir aber zwei Koffer ab. Mir egal. „Erster Besuch in Beirut?“ fragt er. Ich lüge „Nein, zum zweiten Mal.“ Er lädt mich im Hotel Tiffany ab. Im christlichen Viertel. Während Bürgerkrieg Heimat westlicher Journalisten. Britische Bar „Wellington“ im Erdgeschoss, schwuler Receptionist, welcher mich später noch anrufen wird. Auf dem Dach, kleiner Pool mit schöner Aussicht über die Hamra und das Meer. Gehe zu Fuss rüber zur Hauptstrasse. Starbucks ist angenehm klimatisiert, Temperatur-Kolonialismus. Weiter Richtung grüne Linie, das zerbombte Holiday Inn. Warum steht das noch? Aber auch viele Häuser mit Einschusslöchern, teilweise überwuchert mit Pflanzen. Im Zentrum, die neu renovierte Altstadt „Solidaire“. Alles sauber, blitzblank. Viele Sicherheitskräfte. Gleich nebenan: die grosse Moschee, sie leuchtet, das Minarett wie ein Pfeil in den Himmel, daneben der Virgin Megastore und dann die grüne Linie, Märtyrer-Platz. Ödland, aber auch Zentrum des Libanon. Das weisse Zelt für den ermordeten Hariri. Konservenmusik, unwürdig? Viele Kritzeleien, Syrien wird auf tausend Arten verflucht. Auf dem Märtyrer-Platz lässt mich die stechende Sonne schwitzen. Auf der anderen Seite dieser Wüste liegt der arabische Teil. Viele kleine Läden, man spürt die Energie, aber wo sind die Menschen? Mittagszeit? Esse Fisch, bin alleine im Restaurant. Preise wie zuhause. Auf den Strasse wird mir ein „Hello“ oder „english?“ nachgeworfen. Am Abend an der Hotelbar. Fast nur Gäste aus dem Westen, wobei einige im Irak arbeiten, und zum Vergnügen in Beirut sind. Sie erzählen Geschichten, vor dem Krieg, nach dem Krieg, während dem Krieg. Welcher Krieg? Hat er je aufgehört? Wie diejenige Geschichte eines Engländers, der mit Saddam gefischt haben will. Oder die beiden Rucksack-Touristen, welche in Syrien, nahe der irakischen Grenze angespuckt wurden. Und dies während den Flitterwochen. Nächster Tag auf dem Campus der American University of Beirut (AUB), Ähnlichkeit mit Ivy-League-Gebäuden. Alle furchtbar nett, perfektes Englisch. NBA-Übertragung im Coffee-Shop. Nach Besuch einer Agrarökonomie-Vorlesung weiter den Hügel runter, ans Meer. Die Corniche, hinter mir ragt die Stadt. Spaziere vom McDonald’s auf der Promenade dem Meer entlang. Männer in der Überzahl, hie und da eine Joggerin, manche mit Kopftuch, andere wie Jane Fonda. Viele Fischer, Brotverkäufer. Andauernd Gespräche mit Fremden. Privatstrand mit Spannern. Das Wasser ist schmutzig. Immer weiter. Auf einmal ein Stück Schweiz: Mövenpick-Hotel. Riesige Anlage, sauber und schampar schweizerisch. Am Abend wieder an der Hotel-Bar. Wie auch alle anderen späteren Nachmittage. Manchmal mit Bier auf dem Dach. Nach dem Eindunkeln auch Monot-Street. Freizügiger geht es kaum im Nahen Osten. Ein Abend auch im „Hole in the wall“. Plötzlich ein kurzer lauter Knall. Bloss kleine Druckwelle. Die Menschen eilen an der Veranda des „Hole’s“ vorbei. Gehe schauen, sehe zwei zerstörte Autos und ein grosses Loch in der Mauer. Mobile’s mit Fotofunktion werden gezückt. Einige der Partyfreudigen sind verdeckte Ermittler. Sie zeigen den Soldaten und Polizisten ihre Ausweise. TV-Teams filmen sich gegenseitig. Interviews. Sitze ein bisschen am Strassenrand. Plötzlich ein persönlicher Soldat. „Tous vas bien?“. Ich nicke. Gehe zurück ins „Hole“. Dort kriege ich einen steifen Gin und lasse mich aufklären, dass diese Explosion bloss klein war. Kein Vergleich mit den anderen Bomben. Ich lächle und gehe. Will ein Taxi, Preise verdreifacht. Gefällt mir nicht. Gehe beschwipst auf den nächtlichen Märtyrer-Platz. Am Nachmittag war noch Condi Rice hier, hat das Hariri-Memorial besucht. Jetzt ich. Nehme trotzdem ein Taxi. Noch eine Bar. Die Explosion ist kaum Thema. Auch im Hotel nicht. Der Receptionist fragt ob alles in Ordnung sei. Ich grinse „Seulement une petite bombe!“. Harmlos. Am nächsten Tag Zeitung kaufen, verstehe kein Wort. Die Ermittler haben offensichtlich auch keine Hinweise. Gehe bei einer Schwedin, welche einen Libanesen geheiratet hat, essen. Diese witzelt über die Amerikaner und die Europäer. Alle so naiv. Situation im Libanon viel komplexer als westliche Sichtweise. Am Schlimmsten, Touristen mit Arafat-Kopftuch. Werden ausgelacht. Im Libanon sind viele unbeliebt, nicht nur Amerikaner und Israelis. Auch die Palästinenser. Schliesslich hat die PLO Beirut jahrelang vergewaltigt. Alle schreien nach Frieden, trotzdem flammen Konflikte immer wieder auf. Noch einmal an die Hotelbar. Die neuen Gäste kenne ich nicht mehr. Trinke zu schnell auf zu nüchternen Magen. Im Taxi an den Flughafen, auf der Autobahn, Gegenverkehr auf unserer Seite. Mutprobe. In Flughafen-Bar ein teueres Corona, dann zurück nach Prag und Zürich und Bern.

A very fast train.

Sitting in a fast train I am thinking that probably I have been traveling in a fast train for many years. Maybe the train was even too fast. I have seen a mountain of places, talked to legions of people, laughed with them, cried with a few, played with some dogs. But usually brief, just passing by. And now, they are still there. Sending pixels through cyberspace. But some of them are gone, even though we all own a cell phone and live @ our laptops. Should I regret? Care? I could miss the next train, walk a bit. Would be nice to have a dog walking at my side, maybe even an American dog.

Freitag, 23. Februar 2007

Schampar.

"Schampar" stammt vermutlich vom hochdeutschen Wort "schandbar" (veraltet) ab. Gemäss Duden (Rechtschreibung der deutschen Sprache, Ausgabe 1996) bedeutet "schandbar": zuschanden, auch zu Schanden gehen, machen, werden.
Das Wort "schampar" erfreut sich in der deutschsprachigen Schweiz, insbesondere im stadtbernischen Sprachraum immer grösserer Beliebtheit. Es wird vor allem als Steigerungsform benutzt. Beispielsweise: "Das Wetter ist schampar schön." (Hochdeutsch: Das Wetter ist besonders schön."). Oder: "Dieser Fonduekäse war schampar dünn."
Derzeit handelt es sich bei "schampar" um einen Helvetismus im Frühstadium. Das Wort ist zwar einer breiten Masse von Deutschschweizern bekannt, aber eine Anerkennung als Schriftwort hat noch nicht stattgefunden.
Dennoch sind gewisse Tendenzen erkennbar. So publizierte beispielsweise der Bewegungsmelder (Ausgehmagazin für die Deutschschweiz) in der Juni-Ausgabe 2006 einen kurzen Artikel über die Band "Baby Shambles": "(...) Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Peter Doherty und seine nicht ganz so schampar enthaltsame Truppe auch wirklich die Wände zum Wackeln bringen. (...)". Am 11. Juni 2006 fand in Basel eine Pressekonferenz des FC Basel statt. Dabei wurden Ausschreitungen im St. Jakob-Stadion anlässlich des Fussballspiels FC Basel gegen FC Zürich thematisiert. Die Pressekonferenz wurde vollständig in Hochdeutsch abgehalten. Der Verterter des SFV (Schweizerischer Fussballverband) benutzte bei seiner Stellungnahme das Wort "schampar" um pointiert einen Sachverhalt zu unterstreichen. Dieser Ausschnitt mit der Nennung des Wortes "schampar" wurde schweizweit am 11. Juni 2006 in der Tagesschau gesendet.Es bleibt abzuwarten, ob sich die bisherigen Tendenzen bestätigen und sich "schampar" tatsächlich zu einem vollwertigen Helvetismus entwickelt. Auch nicht auszuschliessen ist ein Übergreifen auf den österreichischen oder deutschen Sprachraum.

Tee ist gesund.


Gute Nachrichten kommen manchmal schriftlich.

Donnerstag, 22. Februar 2007

Wo steckt der Hund?

Viele Jahre war ein Hund in meiner Wohnung. Ein brauner, schocko-brauner Labrador. Jetzt ist er nicht mehr da. Das Haus, Typ Monolith, schon. Sogar ein paar Bälle, ein Gummihamburger. Aber sonst nix. Da er nie gebellt hat, vermisse ich das Bellen auch nicht. Zudem stelle ich den Verlust der zum Hund gehörenden Frau fest. Nun weshalb die Frau weg ist, weiss ich. Und der Hund lief ihr auch oft nach. Also macht das Abhandenkommen des Hundes irgendwie Sinn. Wenigstens etwas.